Zwei Frauenmorde haben im Mai 2021 im Norden Deutschlands für viel Aufmerksamkeit gesorgt. In Dänischenhagen bei Kiel erschoss der Täter, ein Zahnarzt mit Jagdschein, seine getrenntlebende Ehefrau und zwei weitere Männer. Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte ihn die Frau wegen Körperverletzung und Bedrohung angezeigt, es gab ein Annäherungsverbot, seine Schusswaffen hatte er abgeben müssen. Und nur wenige Tage zuvor ermordete in Schneverdingen bei Lüneburg ein Mann seine Lebensgefährtin und ihre beiden Kinder. In den lokalen Zeitungen war von „Beziehungsdrama“, „Familienmord“ und „Mord aus Eifersucht“ zu lesen.
Die Taten lassen uns fassungslos und sehr traurig zurück. Gleichzeitig bestätigen diese Femizide, was Frauenberatungen, Opferhilfen und Fachstellen schon lange sagen: Häusliche Gewalt kommt überall vor und zieht sich durch alle Schichten. Trennungen sind Hochrisikosituationen für Frauen. Auch Männer werden Opfer von Gewalt, die sich eigentlich gegen Frauen richtet. Der Fall in Dänischenhagen zeigt außerdem, dass das Gewaltschutzgesetz Frauen nur bedingt schützen kann: der Mord geschah trotz vorherigem Annäherungsverbot und Anklage gegen den Täter.
Auch zeigt uns die Berichterstattung, wie Sprache die Frauenmorde verharmlost und verdeckt. Wenn bei einem Mord an einer Frau die Entschuldigung für den Täter gleich mitgeliefert wird – Eifersucht – und ein Dreifachmord mit dem niedlichen Titel „Beziehungsdrama“ umschrieben wird, macht dies deutlich wieviel Wert unsere Gesellschaft dem Leben einer Frau beimisst.
Im Jahr 2019 starben laut Bundeskriminalamt 117 Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner. Studien aus den vergangenen Jahren zeigen, dass jede vierte Frau in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner erlebt. Die Morde in Dänischenhagen und Schneverdingen sind somit keine Einzelfälle, sondern stehen für ein patriarchales System, in dem Gewalt gegen Frauen normalisiert und entschuldigt wird.
Den Angehörigen der Opfer möchten wir StoP Koordinator*innen unser tiefstes Mitgefühl aussprechen. Wir trauern mit euch um sechs Menschen, die auf grausame Weise aus dem Leben gerissen wurden. Wir arbeiten daran, dass unsere Gesellschaft Gewalt gegen Frauen nicht länger hinnimmt, verharmlost und versteckt. Von Gewalt betroffene Frauen sollten sich ohne Scham und Angst an Polizei und Beratungsstellen wenden können, Gewalttäter müssen mit wirksamen Mitteln an weiteren Gewalttaten gehindert werden. Dazu braucht es eine solidarische, unterstützende und aufmerksame Öffentlichkeit und Nachbarschaft, konkrete Maßnahmen der Prävention sowie eine flächendeckende Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention). Und auch eine systematische Ächtung von Gewalt, die durch die Wortwahl in der medialen Berichterstattung unterstützt wird. Benennt die Dinge beim Namen! Entschuldigt die Gewalt der Täter nicht mit Eifersucht! Eine Trennung und ein Streit rechtfertigen keinen Mord!